Gedanken vor
dem Gang auf den Friedhof
Da hat vor 80 Jahren der KremsmŸnsterer Kupferschmied Franz Hšnig in seinen Dialektgedichten u.a. auch das Leben des oš. Bauern und KleinbŸrgers geschildert in Ÿberaus trefflicher Weise. Vielleicht kennen es manche von euch. Er schildert, wie unser Leben beginnt: ãKoan Gwand und koan Geld: a so kimmt ma auf dÕWelt, /Koan Willn, koan Vastand, / a so is ma banand. / Und dÕMuada voll Sorgn, : Obs dÕvo heunt dert auf morgn: MitÕn Lšbn kimmst davon: / A so hšbt šs si an.Ò
Dann schildert der Dichter, wie das Kind wŠchst, zur Schule kommt, in die Lehre geht, Geselle und Meister wird, eine Familie grŸndet, Sorgen und Freuden hat und schlie§lich alt und gebrechlich wird. Dann schildert der Volksdichter zuletzt, wie der hinfŠllige, gebrechliche, zum hilflosen Kind wieder gewordene greis sich schlie§lich sogar nach dem Tod sehnt. Zuletzt hei§t es dann am Schluss des Gedichtes:
ãDa Herrgott machtÕs wahr / Und iazt liegst auf da Bahr. / Zur ewigen Ruah, / da begleitn di gnua. / Wenns dÕangsehngn bist gwšhn, / wern wohl dÕLeut an Eicht ršdn; / a etla Tag drauf / Hert ah dšs wieda auf. / Da Welt gehst nšt a, šs san zšhn fŸr di da, /warst iatz dšs oder das. – Oba deina wachstÕs Gras.
Seht, das ist das Erste, woran der Friedhofgang am Allerheiligen- und Allerseelentag uns erinnert: die KŸrze des Menschenlebens! Einmal, Ÿber kurz oder lang, nimmt es bei jedem von uns ein Ende, ãwarst iatz dšs oder dasÒ.
Wann wird fŸr mich, fŸr dich diese letzte Stunde schlagen? Wann? Und wo? Und wie?
Wann? Von 100 im gleichen Jahr geborenen leben durchschnittlich im 30. Lebensjahr noch 90, im 40. Noch 75, im 50.n och 67, im 60. Noch 54, im 70. Noch 40, im 80. Noch 17, im 90. Noch 3.
Wann werde ich sterben? ãIch wei§ nicht, wann ich sterbe, der Herr bestimmt die Zeit. Wenn ich nur nicht verderbe! – Ich wei§ nicht, wo ich sterbe, der Herr bestimmt den Ort! Wenn ich nur nicht verderbe! – Ich wei§ nicht, wie ich sterbe, der Herr bestimmt die Art Wenn ich nur nicht verderbe! O Mutter, schmerzenswunde, gib in der letzten Stunde – mir gute †berfahrt!
Das Zweite, was uns in den Sinn kommt beim Friedhofgang und beim Stehen an den GrŠbern: Es ist der Gedanke an jene, die uns vorangegangen sind: Unsere Toten! Darunter vielleicht schon lŠngst der Vater, die Mutter, die Gro§eltern, etwa auch Geschwister und Freunde, Schulkameraden, Arbeitskameraden, Kriegskameraden. Die Toten in den GrŠbern des heimatlichen Friedhofs sind ja fast durchwegs lauter Verwandte und Bekannte, mit denen man einst zusammengelebt hat, gemeinsam aufgewachsen ist, zusammen fršhlich gewesen ist, gelacht, gezecht, gespielt, vielleicht auch gesŸndigt hat! Je Šlter man wird, umso interessanter wird der Gang von Grab zu Grab... Da erstehen sie wieder, die Toten, in der Erinnerung: ihre Art und Weise zu leben, zu schaffen, zu arbeiten, ihr Beispiel im Guten, im Bšsen, ihr Reden, ihre GŸte, ihre Fehler und SchwŠchen...
Wenn man frŸher am Land von einem Toten zu reden und zu erzŠhlen begann, so pflegte man immer die Worte hinzuzufŸgen: ãGott habÔ ihn selig!Ò
Vielleicht hat man diese Worte oft nur gedankenlos gesagt und nur, weil es halt so Ÿblich war. Aber es steckt eigentlich tiefer Sinn dahinter, denn wenn ich von einem Toten, etwa vom verstorbenen Vater, von der verstorbenen Mutter, sagte: ãGott habÔ ihn selig! Gott habÔ sie seligÒ, so sprach man dabei die GlaubensŸberzeugung aus: Gott hat den Verstorbenen zur Seligkeit berufen gehabt. Der hl. Paulus sagt uns ja in seinem 1 Tim 2,4: Gott will, ãdass alle Menschen selig werden...Ò.
ãGott habÔ ihn selig!Ò Wenn man das von einem Toten sagte, so stand wohl auch die †berzeugung dahinter: dieser Mensch strebte nach der ewigen Seligkeit und lebte auch danach. Ist das dann nicht etwas besonders Schšnes und Tršstliches, was man von einem Toten ausgesagt hat?
Und schlie§lich kam in diesem Wort ãGott habÔ ihn seligÒ, das man von einem Toten sprach, auch der wahrhaft christliche Trost zum Ausdruck: Gott lŠsst doch keinen Menschen auf ewig verlorengehen, der es nicht wirklich selber so gewollt und so verdient hat. Und das kurze Erdenleben, das mit dem Tod endet, ist nicht alles. Das eigentliche Leben ist das in der ewigen Seligkeit, in der beseligenden Anschauung Gottes!
ãGott habÔ ihn seligÒ, diesen Toten: Ist das zuletzt nicht auch ein Versprechen gewesen, ihm, der uns vorangegangen ist, durch Gebet und Opfer, durch Almosen und gute Werke zu helfen, dass er bald aus der LŠuterung im Fegefeuer befreit werden und zur Seligkeit Gottes gelangen mšge? Ja, vergessen wir sie nicht, die Toten, die uns in die Ewigkeit vorausgegangen sind!
ãGott habÔ ihn seligÒ, so sprach man einst auf dem Land von den Toten.
Jetzt aber noch umgekehrt: Sprechen nicht die Toten auch noch zu uns Lebenden? O ja! Man war sich gerade auf dem Land einst ganz sicher, dass die Toten uns Lebenden etwas, - nein, nicht nur etwas, sondern viel –zu sagen haben. Und das, was die Toten den Lebenden zu sagen haben, brachte man frŸher auf dem Land bisweilen in recht kšstlichen GrabsprŸchen zum Ausdruck. So las ich auf einem Grabkreuz in Bad Hofgastein: ãWas ich war, bist du – was ich bin, wirst du sein!Ò
Auf einem Grabkreuz am Grab eines Holzknechtes in einem Tiroler Friedhof fand ich den Vers: ãHerr und Knecht, arm und reich – werden allda alle gleich!Ò Ja, es stimmt: ãVor Gott gilt kein Ansehen der PersonÒ, so schreibt der hl. Paulus im Kol 3,25. Alle Rangunterschiede, alle Titel, aller Šu§erer Unterschied in der Kleidung. Ob Pelzmantel oder schlichter Lodenmantel, ob Kardinalspurpur oder Bettlergewand, das wird dann všllig nichtssagend sein. Entscheidend wird nur sein, wie einer seiner MenschenwŸrde und ChristenwŸrde entsprach und ob er in der Gnade Gottes hinŸberging in die Ewigkeit!
Noch so ein Grabvers, holprig zwar aber doch vielsagend, den ich mir von einem Grabkreuz in der NŠhe von Berchtesgaden notiert habe: ãIm Todbett hat noch niemand gÕsagt: HŠttÔ ich viel Geld und Gut gehabt! – Da beklagt gewiss sich jedermann: HŠttÔ ich doch mehr Gutes getan!Ò
Ja, das ist etwas ganz Wichtiges, das uns die Toten aus dem Grab heraus sagen: Es kommt nicht auf irdischen Reichtum an, es kommt nur darauf an, dass man vor Gott reich geworden ist durch gute Werke! Darum bekommt der Apostel Johannes in der GehOffb 14,13 den Auftrag: ãSchreibe! Selig sind die Toten, die im Herrn sterben. Von nun an, spricht der Geist, sollen sie ausruhen von ihren MŸhen, denn ihre Werke folgen ihnen nach!Ò